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Wie kann China auf die neue US-Strategie reagieren?

Die Staats- und Regierungschefs der USA, Australiens, Japans und Indiens treffen sich in Washington zu den ersten Gesprächen über den Quadrilateralen Sicherheitsdialog (Quad), dessen Ziel es ist, den Aufstieg Chinas einzudämmen. Doch Peking hat Mittel, diesen Vorstoß auszumanövrieren.
Wie kann China auf die neue US-Strategie reagieren?Quelle: www.globallookpress.com © www.imago-images.de

von Tom Fowdy

Die Gruppe der vier Nationen ist im Grunde genommen ein strategischer Anti-China-Pakt, der dem Einfluss Pekings auf die indopazifische Region entgegenwirken soll, und bildet den Grundstein der sogenannten "Indopazifik-Strategie". Diese Strategie umfasst nicht nur militärische Zusammenarbeit, sondern auch eine Reihe gemeinsamer Initiativen zu Investitionen, Infrastruktur, Technologie und Impfstoffen. Kurz gesagt, der Quad präsentiert sich als "Alternative" zum allmächtigen "Chinesischen Drachen".

Dieses Treffen fand kurz nach der Ankündigung des U-Boot-Abkommens von AUKUS (Australien, Großbritannien, USA) statt, bei dem Australien zum ersten Mal nuklearbetriebene U-Boote, mit von den USA bereitgestellter Technologie, bauen wird. Ihre Stationierung im Indopazifik ist für den amerikanischen Einfluss in der Region von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig hat China die Vierergruppe beschuldigt, damit das Wettrüsten in der Region zu intensivieren.

Es wurde berichtet, dass sich der Gipfel in Washington auf Themen wie Lieferketten, Halbleitertechnologie und neue Technologien konzentriert hat und der Leitplan enthüllt wurde, mit dem die Vierergruppe Chinas Gewicht ausgleichen will, indem sie ihre Führungsrolle in einer Reihe von Bereichen festigt, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten kurzschließt und Verbindungen herstellt, um ihre kritischen Ressourcen sowohl unabhängig als auch sicher zu machen.

Wie der ehemalige australische Premierminister Kevin Rudd in einem Meinungsartikel für das Magazin Foreign Affairs feststellte, hat die Bildung des Quad in Peking die Alarmglocken läuten lassen, weil es darin den geostrategischen Versuch sieht, China rund um seine Grenzen einzudämmen. Aber die übergeordnete Frage ist folgende: Kann der Quad wirklich erfolgreich sein und was kann China tun, sollte dieser Fall eintreten?

Laut Rudd war die erste Methode, mit der China versuchte, den Quad einzudämmen, vorhersehbar, und zwar mit der alten politischen Kunst vom "Teilen und Herrschen". Er nennt als Beispiel die Sanktionen auf Importe aus Australien in den Jahren 2020 und 2021. Pekings Botschaft war hier deutlich: "Wer sich auf die Seite der USA schlägt, verliert bei uns wirtschaftliche Anreize."

Rudd bemerkte, dass diese Sanktionen jedoch keinerlei Wirkung auf den Quad hatten, sondern nur dazu beigetragen haben, die gemeinsame strategische Entschlossenheit der Vierergruppe zu festigen – nicht zuletzt, weil der derzeitige australische Premierminister Scott Morrison auf fanatische Weise pro USA ist. AUKUS ist das endgültige Ergebnis aus dem Versuch Chinas, Australien strategische Kosten aufzuerlegen. Und dies verheißt für China nichts Gutes.

Das schwache Glied in der Quad-Gruppe ist Indien, das sich zwar unter Premierminister Narendra Modi gegen China stellt, aber kein offizieller Verbündeter der USA ist, so wie die beiden anderen in der Gruppe. Indien ist auch geografisch mit China verbunden, das ärmste Land der Vierergruppe (gemessen am kaufkraftbereinigten BIP, dem PPP) und neben China Mitglied einer Reihe internationaler Institutionen, darunter der Shanghaier Organisation für Kooperation (SCO), der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB).

Doch trotz dieser Schräglage gehört Indien zu keinem Block und neigt zum Westen hin, um seine strategische Unabhängigkeit – angesichts der wachsenden Machtasymmetrie zwischen Indien und China – aufrechtzuerhalten. Vor dem Hintergrund Indiens nahezu gleicher Bevölkerungsgröße wie die von China und seines Potenzials für Wirtschaftswachstum hat Indien tatsächlich die Fähigkeit, seinem Nachbarn langfristig Probleme zu bereiten. Während Chinas Versuche, Australien zurückzudrängen, möglicherweise keine Ergebnisse zur Folge hatten, hat Peking die Gelegenheiten genutzt zu versuchen, sich gegen Indien zu stellen, während es gleichzeitig die entspannten diplomatischen Beziehungen aufrechterhält.

Trotz eines schwelenden Grenzstreits, der sich im vergangenen Juni auszuweiten drohte, haben Indien und China die aktive Konfrontation minimiert, sind aber strategisch gegeneinander in Konkurrenz getreten. Im Einklang mit dieser Politik verfolgt Peking in vielerlei Hinsicht eine unausgesprochene De-facto-Eindämmung Indiens. Dazu gehört auch die aktive Festigung der Beziehungen zu Staaten in der Peripherie Indiens, darunter Pakistan, Nepal, Bangladesch, die Malediven und Sri Lanka.

Während Chinas Beziehungen zu den vier letztgenannten Staaten in erster Linie wirtschaftlicher Natur sind, ist der Wirtschaftskorridor China-Pakistan das Ergebnis einer allumfassenden strategischen Beziehung, die auch als militärisches Gegengewicht zu Indien zu verstehen ist. Wenn Peking den Quad ausmanövrieren und dessen Bemühungen entgegenwirken wirken soll, China maritim einzudämmen, bei der AUKUS eine große Rolle spielt, wird Pakistan eine Schlüsselrolle spielen. China muss den westlichen Indischen Ozean und Indiens linke Flanke dominieren und hat daher alle Anstrengungen unternommen, um Islamabad wirtschaftlich und militärisch zu stärken.

Pakistan mag Indiens traditioneller Feind sein, aber die anderen Nachbarländer finden sich in einem Kampf um Einfluss zwischen Neu-Delhi und Peking wieder. Als Indien im Zuge der COVID-19-Krise im Mai ein Exportverbot für Impfstoffe verhängte, ging die größte Menge der von Peking zugesagten Impfstoff-Spenden an Länder nahe dem indischen Subkontinent – ein Versuch, den indischen Präsidenten Modi zu überbieten und somit einzudämmen, der in dieser Frage eine "Nachbar zuerst"-Politik verfolgt, um die strategische Position seiner Nation zu festigen.

Bangladesch hat kürzlich den Beitritt zur Regionalen umfassenden Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) beantragt – einer Gruppe, in der China Mitglied ist, die Indien jedoch unter Modi verlassen hat. Dies offenbart die andere große Schwäche des Quad: Trotz ihrer Rhetorik ist die Koalition keine Wirtschaftsunion und wird es wahrscheinlich auch nie werden. Zwar spekuliert Kevin Rudd in seinem Beitrag in Foreign Affairs darüber, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering, weil die vier Mitglieder des Quad sehr unterschiedliche Wirtschaftsstrategien verfolgen, mit denen sie sich gegen Peking kaum einigen könnten.

Die USA und Indien sind offen protektionistisch, was dazu geführt hat, dass beide eine gegen den Freihandel gerichtete Haltung einnehmen. Und so wie sich Neu-Delhi aus dem RCEP zurückzog, traten die USA aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) aus, der China wiederum nun beizutreten versucht. Indien und die USA versuchen jeweils, die wirtschaftliche Eindämmung Chinas von außen voranzutreiben. Doch dieser Ansatz ist unlogisch.

Die Aussicht auf eine Wirtschaftskoalition des Quad wird daher von vornherein zunichtegemacht. Japan – und möglicherweise die USA – könnte die Finanzierung für die Entwicklung von Infrastruktur bereitstellen, um den Investitionen Pekings in diesem Bereich entgegenzuwirken. Doch Indien und Australien haben diese Kapazität nicht, insbesondere da Indien Schwierigkeiten hat, seinen eigenen Bedarf an Infrastruktur zu stemmen – ganz zu schweigen von einer Finanzierung der Infrastruktur anderer Länder –, insbesondere vor dem Hintergrund chinesischer, staatseigener Mega-Konzerne, die solche Unternehmungen zu relativ geringen Kosten bewältigen können.

Der Quad ist letztlich keine Wirtschaftsinstitution und kann es auch nicht werden, weil er an keinen Vertrag gebunden ist. Im Vorfeld des Treffens wurde viel über den Aufbau einer gemeinsamen Halbleiter-Lieferkette gesprochen, aber wie genau würde so etwas funktionieren? Und wie können diese vier Länder in Schlüsselbereichen alternative Lieferketten aufbauen, um China zu isolieren, wenn das Land gleichzeitig der größte Handelspartner in der Region ist?

Während der Quad in einigen Bereichen eine Herausforderung für China darstellt, wird Peking wahrscheinlich erneut darauf reagieren, indem es versucht, das alte Spiel vom "Teilen und Herrschen" zu spielen. Es wird seine Wirtschaftskraft nutzen, um Schwächen anderer auszunutzen, sich auf die strategische Eindämmung Indiens konzentrieren und diplomatische Schritte unternehmen, um seinen Einfluss in Südasien und Südostasien zu festigen. Wie Chinas Schritt hin zur TPP zeigt, wird es diese wirtschaftliche Karte so oft wie möglich ausspielen, da es weiß, dass der Quad in dieser Hinsicht nicht mithalten kann, egal wie sehr dessen Mitglieder daran glauben mögen, dass sie es können. Schließlich weiß China, dass der Quad bis zu einem gewissen Grad nur Gerede ist – es ist kein formelles Bündnis, es ist keine Wirtschaftsunion, und es macht zu viele zu ehrgeizige Zusagen, die eine formellere Integration erfordern, sollte es jemals erfolgreich werden.

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Übersetzt aus dem Englischen.

Tom Fowdy ist britischer Autor und Analyst für internationale Beziehungen, mit Schwerpunkt auf Ostasien.

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