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Zulassungsverlängerung für Glyphosat: Alles für die Nachhaltigkeit?

Ist Glyphosat das "kleinere Übel"? Das behauptest Bayer-Chef Werner Baumann. Doch auch bei der diesjährigen Hauptversammlung des Konzerns gab es Proteste, unter anderem durch die "Coordination gegen Bayergefahren".
Zulassungsverlängerung für Glyphosat: Alles für die Nachhaltigkeit?Quelle: www.globallookpress.com © Fabian Sommer/dpa

von Felicitas Rabe

Seit 1978 organisiert die "Coordination gegen Bayergefahren", kurz CGB, Protestaktionen gegen den Bayer-Konzern und dessen gefährlichen Geschäftspraktiken in Bezug auf Umwelt- und Gesundheitsschäden. Die Demonstrationen anlässlich der jährlichen Bayer-Aktionärsversammlung Ende April gehören dabei seit Jahren zum festen Protesttermin der Nichtregierungsorganisation CBG.

Bereits vor Wochen kündigte die CBG in ihrer Pressemitteilung auch für dieses Jahr wieder an, die Beteiligung der kritischen Aktionäre zu koordinieren, welche sich Konzernaktien nur für die Teilnahme und den Zugang zur Bayer-Aktionärsversammlung kaufen. Bei der Versammlung wollen sie als Aktionäre über die Aktivitäten des Leverkuseners Multis mitentscheiden bzw. ihren Einfluss als kritische Aktionäre geltend machen.

Die Aktionärsversammlung am 29. April durfte aufgrund des Corona-Infektionsrisikos laut Bayer nur im digitalen Onlineformat stattfinden. Deshalb konnten die kritischen Aktionäre ihre Transparente und kritischen Fragen und Videostatements auch in diesem Jahr nur online einbringen. Die CBG hatte die kritischen Aktionäre zuvor darum gebeten, die Fragen und Statements bei ihr einzureichen, damit die NGO diese gebündelt bei der Hauptversammlung einreichen konnte. Immerhin kamen dabei 257 Fragen von GMO-Kritikern und Aktivisten aus aller Welt zusammen. Leider wurden die Videostatements und kritischen Fragen der CGB erst in den letzten zehn Minuten der fünfstündigen Onlinekonferenz eingebracht.

Das Besondere am diesjährigen Protest-Aufruf der CBG war aber der Hinweis in ihrer Newsletter-Rundmail vom 15. März, wonach der Bayer-Chef Werner Baumann sich aktuell dafür einsetzt, eine Zulassungsverlängerung für weitere fünf Jahre für das Pestizid Glyphosat zu erhalten. Laut CBG sagt er im Interview mit Media Pioneer Anfang März diesen Jahres, dass Glyphosat in Hinblick auf die drohenden Engpässe bei der Nahrungsmittelversorgung "das kleinere Übel" sei.

Dieses Ackergift, welches nachweislich die Gesundheit der Menschen und der Tiere schädigt, das biochemische Gleichgewicht unserer landwirtschaftlichen Böden zerstört, die ökologische Nahrungskette unterbricht und insgesamt einen Angriff auf die Biodiversität unseres Planeten darstellt, muss nach Aussage Baumanns gegenüber der Neuen Züricher Zeitung (NZZ) dazu dienen,  mit einer "nachhaltigen Intensivierung der Landwirtschaft" eine Ernährungskrise abzuwenden. Für Baumann erfüllt demnach der Einsatz von Glyphosat mittlerweile ein besonderes Kriterium im Umweltschutz: Die Nachhaltigkeit!

Im Interview mit der NZZ vom 19. März begründet der Konzernchef, die Notwendigkeit der "Landwirtschaftsintensivierung" mit der Hungerkrise, die in Folge des Ukraine-Russland-Kriegs in vielen Teilen der Erde drohen würde. Hungerkrisen können wohl nach Baumanns Vorstellung nur durch den vermehrten Einsatz von Glyphosat gelöst werden.

"Wir müssen also den Ressourcenverbrauch reduzieren und 25 Prozent mehr Menschen ernähren. Das geht nur über eine nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft, also eine Reduzierung des Flächenverbrauchs und eine gleichzeitige Erhöhung der Ernteerträge", sagte er gegenüber der NZZ.

Im Gegensatz dazu hat die indische Physikerin und Trägerin des alternativen Nobelpreises Dr. Vandana Shiva bereits vor Jahren berechnet, dass der Energieeinsatz bei der Produktion von Lebensmitteln umso höher ist, je mehr Technik und Chemie zum Einsatz kommt. In ihrem Buch "Seed Sovereignty Food Security" weist sie nach, dass die Nahrungsmittelproduktion im Hinblick auf die Nettokalorienproduktion und im Hinblick auf die Wirkung auf unsere Gesundheit umso effektiver, je regionaler sie ist, und je weniger Technik, je weniger Strom und fossilen Ressourcen sie verbraucht. In ihre Rechnung fließen dabei auch die Energiekosten für die Produktion der Landwirtschaftstechnik und die biochemischen Düngemittel und Pestizide mit ein. 

Bei der gestrigen Hauptversammlung musste der CEO auf die Frage eines kritischen Aktionärs auch eingestehen, dass Bayer im kommenden Jahr knapp zehn Milliarden Dollar zur Beilegung der Glyphosatklagen in den USA bezahlen müsse. 

Zwar entlastete die Aktionärsversammlung  Baumann am Ende mit einer Mehrheit von 90 Prozent der Aktionäre, aber ob mit den vorgesehenen Milliarden eine Klagewelle in  den USA verhindert werden kann, ist laut Handelsblatt weiterhin unklar.  

Vor der Bayer-Konzernzentrale in Leverkusen beteiligten sich am Freitag ungefähr 30 Aktivisten verschiedener Umweltorganisationen und konzernkritischen Initiativen auch live vor Ort an der Protestaktion gegen den Chemiemulti. Dabei waren Aktivisten der CGB, von Attac, der Gesellschaft für bedrohte Völker, von den Fridays for Future, den Extinction Rebellion und den Roten Rebellen.

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