Europa

Ukraine stoppt ihre Stromexporte in die Europäische Union

Die russischen Raketenangriffe auf Energieinfrastrukturen erzwingen eine Aussetzung der Stromexporte aus der Ukraine. Dies kündigte Kiew am gestrigen Montag an. Die Folgen für die Länder der EU sind noch nicht absehbar.
Ukraine stoppt ihre Stromexporte in die Europäische UnionQuelle: AP © Efrem Lukatsky

Die Schäden an der Energieinfrastruktur, die durch die gestrigen Luftangriffe verursacht wurden, haben die ukrainische Regierung gezwungen, Stromexporte in die EU einzustellen. Somit ist auch eine Versorgungsquelle stillzulegen, von der Kiew stets behauptet hatte, dass sie damit ihren Partnern im Westen helfen würde, ihre Abhängigkeit von aus russischem Erdgas erzeugtem Strom zu verringern.

"Durch die heutigen Raketenangriffe, welche Anlagen zur Wärmeerzeugung und Umspannwerke getroffen haben, sieht sich die Ukraine gezwungen, die Stromexporte ab dem 11. Oktober 2022 auszusetzen, um ihr eigenes Energiesystem zu stabilisieren". Dies gab das ukrainische Energieministerium am Montag in einer Erklärung bekannt.

Das Ministerium stellte fest, dass Kiew selbst nach dem Verlust der Kontrolle über das Kernkraftwerk Saporoschje an die russischen Streitkräfte in der Lage war, die Exportverpflichtungen gegenüber seinen EU-Partnern zu erfüllen. Jedoch seien die Angriffe vom Montag die heftigsten des gesamten Konflikts gewesen. "Der Zynismus ist, dass die gesamte Lieferkette getroffen wurde", sagte Energieminister German Galuschtschenko. "Es betrifft sowohl Systeme zur Stromverteilung als auch solche zur Stromerzeugung. Das Ziel des Feindes ist es, die Wiederherstellung der Stromversorgung aus anderen Quellen zu erschweren."

Der russische Präsident Wladimir Putin betonte indes, dass die Luftangriffe auf Kiew und andere ukrainische Großstädte – die auf Militär-, Energie- und Kommunikationsinfrastruktur abzielten – eine Reaktion auf den ukrainischen Angriff auf die strategische Brücke von Kertsch vom vergangenen Samstag gewesen seien.

"Wenn es weitere Versuche gibt, Terroranschläge auf unserem Boden zu verüben, wird Russland entschlossen und in einem Ausmaß reagieren, das den gegen Russland geschaffenen Bedrohungen entspricht", kündigte Präsident Putin an.

Galuschtschenko beschuldigte Moskau jedoch, "Energieterrorismus" als Vergeltung gegen Kiew zu betreiben, weil die Ukraine anderen Ländern dabei hilft, ihre Energieabhängigkeit von Russland zu verringern. Nach dem Beitritt zum europäischen Energiesystem ENTSO-E im vergangenen Juni, versprach sich Kiew bis Ende des Jahres rund 1,5 Milliarden Euro Einnahmen durch Stromexporte in die EU.

"Deshalb zerstört Russland unser Energiesystem und nimmt uns die Möglichkeit, Strom aus der Ukraine zu exportieren", behauptete der Energieminister weiter. Ukrenergo, der nationale Stromnetzbetreiber, versicherte indes, seine Spezialisten hätten "Systeme zur Notstromversorgung aktiviert" und einige der Schäden bereits am Montagabend reparieren können.

In der Zwischenzeit forderte das Ministerium alle Bürger der Ukraine auf, sich zu vereinen und ihren Energieverbrauch während Zeiten der Spitzenlast zu minimieren. Das Ministerium argumentierte, dass nicht nur die Ukraine Maßnahmen zur Reduzierung des Stromverbrauchs ergreife, sondern "ganz Europa dies jetzt auch tut".

Nach den massiven russischen Raketenangriffen sind noch etwa 300 Ortschaften ohne Strom, wie der ukrainische Zivilschutz in Kiew mitteilte. Hunderte Einsatzkräfte seien demnach landesweit dabei, die Folgen der russischen Angriffe zu beheben.

Auch Selenskij meldete sich zu Wort und bekräftigte in seiner abendlichen Videoschalte den Widerstandswillen seines Landes. Dabei saß er nicht wie üblich im Präsidialamt, sondern stand vor einer Baustelle, an der augenscheinlich Schäden repariert wurden. Da in vielen Städten die Strom- und Wasserversorgung repariert werden müsse, rief auch Selenskij die Bevölkerung zum Energiesparen auf.

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